Aktuelles
Ich informiere Sie an dieser Stelle regelmäßig über Neuigkeiten aus meiner Kanzlei sowie über interessante Urteile und Gesetzesänderungen. Schauen Sie doch öfter mal vorbei.
März 2023: Urteil des Monats
Ob Mann oder Frau - gleiche Arbeit, gleicher Lohnanspruch. Das ist die Kernaussage einer aktuellen Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Der Umstand, dass eine Frau für die gleiche Leistung ein geringeres Grundentgelt erhält als ein männlicher Kollege, stellt eine (von Arbeitgeberseite zu widerlegende) Vermutung für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar. Die arbeitgeberseitige Einlassung, der Mann hätte bei den Einstellungsverhandlungen besser verhandelt, kann das Diskriminierungsindiz nicht beseitigen (BAG, 16.2.2023, 8 AZR 450/21, ArbRB 3/23).
Hinweis: Diese Entscheidung stellt eine Kehrtwende bisheriger Rechtsprechung dar. Bislang wurden Gehaltsunterschiede als Ergebnis unterschiedlicher Gehaltsverhandlungen grundsätzlich akzeptiert. Damit dürfte es bei der Beschäftigung von Mitarbeitern beiderlei Geschlechts jetzt vorbei sein.
Februar 2023: Urteil des Monats
Arbeitgebern in Kleinbetrieben (bis 30 Mitarbeitern) werden von der zuständigen Krankenkasse ihre Aufwendungen für Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall zu 80% erstattet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG). Dies gilt aber nur soweit Arbeitgeber per Gesetz zur Entgeltfortzahlung verpflichtet sind. Ist ein Arbeitgeber durch Arbeits- oder Tarifvertrag zu umfangreicheren Entgeltfortzahlungsleistungen verpflichtet (z.B. Entgeltfortzahlung in den ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses; Entgeltfortzahlung über 6 Wochen hinaus), besteht nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) hierfür kein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber den Krankenkassen (BSG, 18.08.2022, B 1 KR 24/21 R, ArbRB 2/23).
Januar 2023: Urteil des Monats
Der an Pflegekräfte gezahlte Corona-Pflegebonus ist nach dem Gesetz unpfändbar (§ 150a Abs. 8 SGB XI). Doch wie sieht es mit der Pfändbarkeit aus, wenn ein Arbeitgeber aus einer anderen Branche freiwillig eine Corona-Prämie bezahlt?
In dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) zu behandelnden Fall hatte ein Gaststättenbetreiber einer Mitarbeitern, die als Küchenhilfe und Thekenkraft eingesetzt war, im September 2020 zusätzlich zum Lohn eine Corona-Prämie iHv € 400 brutto bezahlt. Über das Vermögen der Mitarbeiterin war im Jahr 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die zuständige Insolvenzverwalterin zweifelte eine durch Corona bedingte Erschwernis nicht an, sie war aber der Ansicht, die Corona-Prämie wäre aus rechtlichen Gründen pfändbar. Daher hätte die Prämie nicht vollumfänglich an die Mitarbeiterin ausbezahlt werden dürfen. Sie forderte vom Gaststättenbetreiber den aufgrund der Prämie über der Pfändungsfreigrenze liegende Nettovergütung für September 2020 zur Zahlung an die Gläubigergemeinschaft.
Das BAG hat die Klage abgewiesen und erläutert, dass eine Corona-Prämie unter folgenden Voraussetzungen nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar ist:
- Der Zweck der Zahlung liegt in der Kompensation tatsächlicher coronabedingten Erschwernisse bei der Arbeitsleistung (hier unstreitig).
- Die Prämie übersteigt nicht den Rahmen des Üblichen. Das BAG geht dabei von einer Üblichkeitsgrenze iHv € 1.500 aus (BAG, 25.08.2022, 8 AZR 14/22, ZAP 2/2023 v. 25.01.2023).
Dezember 2022: Urteil des Monats
Der Bundesgerichtshof hat jetzt eine lange umstrittene Frage aus dem Geschäftsleben geklärt: Wann gilt eine E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr als zugegangen? Antwort des BGH: Wenn sie innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird, erfolgt grundsätzlich in diesem Zeitpunkt der Zugang an den Empfänger. Keine Voraussetzung für den Zugang ist der tatsächliche Abruf und die Kenntnisnahme der E-Mail (BGH, 6.10.2022, VII ZR 895/21, ZAP 23/2022 v. 06.12.2022).
Beachten Sie: Willenserklärungen in Emails, die zu normalen Zeiten auf dem Mailserver des Empfängers eingehen, können damit faktisch nicht mehr widerrufen werden. Denn ein Widerruf ist nur möglich, wenn dieser dem Empfänger vorher oder gleichzeitig mit der Willenserklärung zugeht. Das dürfte technisch nahezu ausgeschlossen sein.
November 2022: Urteil des Monats
Um den Inhalt von Arbeitszeugnissen wird häufig gestritten. Klar ist, ein Arbeitnehmer hat, selbst bei einer überdurchschnittlichen Zeugnisbewertung, keinen rechtlich einklagbaren Anspruch auf die sog. Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel am Ende seines Zeugnisses. Hat der Arbeigeber diese aber einmal erteilt, darf er die Formel nicht eigenmächtig im Rahmen einer erbetenen Zeugnisberichtigung wieder aus dem Zeugnis herausnehmen (LAG Niedersachsen, 12.07.2022, 10 Sa 1217/21, ArbRB 11/2022).
Hinweis: Gegen diese Entscheidung ist die Revision unter dem Az. 9 AZR 272/22 beim Bundesarbeitsgericht anhängig.
Oktober 2022: Urteil des Monats
Selbst wenn kein Zeiterfassungssystem eingerichtet ist (was laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aber verpflichtend ist, vgl. EuGH, 14.5.2019, C-55/18), muss ein Arbeitnehmer die Ableistung und die arbeitgeberseitige Veranlassung von jeder seiner Überstunden darlegen, will er Überstundenvergütung erfolgreich geltend machen (BAG, 4.5.2022, 5 AZR 359/21, ZAP 19/2022 v. 6.10.2022).
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