Aktuelles
Ich informiere Sie an dieser Stelle regelmäßig über Neuigkeiten aus meiner Kanzlei sowie über interessante Urteile und Gesetzesänderungen. Schauen Sie doch öfter mal vorbei.
Februar 2025: Urteil des Monats
§ 15 Abs. 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) verlangt, dass bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vertragliche Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zur Befristungsdauer und zur Art der Tätigkeit stehen muss.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Fall geurteilt, dass eine vertraglich vereinbarte viermonatige Probezeit im Verhältnis zu einer einjährigen Befristung zu lang und damit unwirksam ist.
LAG Berlin-Brandenburg, 2.7.2024, 19 Sa 1150/23, ArbRB 2/2025 v. 20.2.2025
Hinweis: Nach gängiger Rechtsprechung wird bei kurz befristeten Arbeitsverträgen (bis zu 2 Jahren) eine Probezeitdauer von etwa 25 % der Vertragsdauer als angemessen erachtet.
Januar 2025: Urteil des Monats
Befindet sich ein Mieter mit den Mietzahlungen für seine Wohnung im Rückstand, kann er durch eine zeitige Nachzahlung die fristlose Kündigung seines Mietvertrags obsolet machen. Wurde vom Vermieter aber aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auch die ordentliche Kündigung ausgesprochen, verpufft der Mieterschutz. Der Bundesgerichtshof hat nochmals klar gestellt, dass eine Nachzahlung rückständiger Miete eine ordentliche Kündigung durch den Vermieter nicht aushebeln kann.
BGH, 23.10.2024, VIII ZR 106/23, ZAP 1/2025 v. 8.1.2025
Hinweis: (Nur) bei einer vor dem ersten Mietrückstand langen beanstandungsfreien Mietdauer, einer zügigen Nachzahlung der Mietrückstände und natürlich laufend pünktlichen Mietzahlungen während des Gerichtsverfahrens besteht für kurzfristig säumige Mieter Hoffnung, dass vom Mietgericht eventuell auch die ordentliche Kündigung für nicht rechtmäßig erklärt wird.
Dezember 2024: Urteil des Monats
Darf ein Arbeitnehmer auf die Arztbescheinigung hinsichtlich der zeitlichen Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit vertrauen?
Der Fall: Ein Mitarbeiter in einer Waschstraße erlitt am 8. Mai 2019 durch ein Kundenfahrzeug einen heftigen Arbeitsunfall. Er war infolge bis 27. August 2019 wiederholt im Krankenhaus. Laut fachärztlicher Bescheinigung sei er vom Unfalltag bis voraussichtlich zum 14. September 2020 arbeitsunfähig. Infolge machte der Mitarbeiter den Ersatz seines Verdienstausfalls sowie anteilige vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen gegenüber der Fahrzeughaftpflichtversicherung geltend.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Mitarbeiter aber bereits ab dem 6. September 2019 wieder arbeitsfähig. Der Clou dieses Falles: ob die Angabe des Jahres 2020 auf der Bescheinigung beabsichtigt war oder doch eher 2019 gemeint war, konnte nicht aufgeklärt werden.
Die Entscheidung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass sich ein Arbeitnehmer auf die Einschätzung seines behandelnden Arztes hinsichtlich seines Gesundheitszustandes und der Dauer der Wiedergenesung grundsätzlich verlassen dürfe. In diesem Fall hat der BGH den Fall aber nochmals an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun aufklären, ob der klagende Mitarbeiter berechtigt auf die ärztliche Bescheinigung mit Arbeitsunfähigkeitsende erst im September 2020 vertraut hat.
BGH, 8.10.2024, VI ZR 250/22. ZAP 23/2024 v. 4.12.2024
November 2024: Urteil des Monats
Das Antidirskriminierungsgesetz (AGG) soll verhindern, dass Beschäftigte, aber auch auch bereits Stellenbewerber, benachteiligt werden. Dies wird im Falle diskriminierender Stellenausschreibungen durch einen Entschädigungsanspruch (§ 15 Abs. 2 AGG) gewährleistet. Das LAG Köln hatte sich micht der Frage zu befassen, ob die in einer Stellenausschreibung genannte Anforderung einer "ersten Führungserfahrung" womöglich eine Diskriminierung älterer Arbeitnehmer darstellen könnte. Das Gericht hat dies verneint, denn es gäbe keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass man überwiegend bereits in jungen Jahren erstmals mit Mitarbeiterführung in Berührung komme (LAG Köln, 20.6.2024, 6 Sa 632/23, ArbRB November 2024).
Oktober 2024: Urteil des Monats
Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen einen besonderen Kündigungschutz nach dem Mutterschutzgesetz (§ 17 MuSchG). Kündigt ein Arbeitgebender gleichwohl, hat die Arbeitnehmerin eine Frist von 3 Wochen, um eine Klage dagegen zu erheben. Was aber, wenn die von der Kündigung Betroffene, was gar nicht so selten vorkommt, erst nach Erhalt derselbigen von ihrer Schwangerschaft erfährt und die Klagefrist ist eventuell schon abgelaufen?
Dann hatte sie nach deutschem Recht bisher nur noch die Möglichkeit, einen Antrag auf Zulassung einer verspäteten Klage zu stellen, mit einer Frist von 2 Wochen ab Kenntnis ihrer Umstände.
Und was wenn sie auch diese Frist versäumt?
Hierzu hat der Europäische Gerichtshof jetzt entschieden, dass diese 2-Wochen-Frist nach deutschem Zivilprozessrecht nicht mit Europarecht im Einklang steht. Einer schwangeren Arbeitnehmerin muss eine wirklich angemessene Frist eingeräumt werden, um ihre Kündigung vor Gericht anfechten zu können. Eine Frist von 2 Wochen erachtete der Gerichtshof grundsätzlich als zu kurz (EuGH, 27.06.2024, C-284/23, ZAP 20/2024 v. 23.10.2024).
Anmerkung: Die Anfrage zur Überprüfung der Fristenregelung des deutschen Rechts war vom Arbeitsgericht Mainz gekommen. Infolge der Entscheidung des EuGH haben die Mainzer Richter geurteilt, dass die dortige Klägerin überhaupt keine Klagefrist einzuhalten hatte, weshalb der dort anhängigen Klage trotz eigentlich zu später Erhebung stattzugeben wurde (ArbG Mainz, 10.09.2024, 4 Ca 1424/22).
Hier wird der deutsche Gesetzgeber sicherlich in bälde eine neue Fristenregelung treffen - zwecks Wiederherstellung von Rechtssicherheit.
September 2024: Urteil des Monats
Die Zustellung von einseitigen schriftlichen Willenserklärungen, wie etwa einer Kündigung per Einwurf-Einschreiben (statt per normalem Einschreiben) wird angesichts eines aktuellen Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Arbeitsleben an Bedeutung gewinnen. Denn das BAG hat sich jetzt dem Bundesgerichtshof (BGH) angeschlossen und wendet nunmehr auch die Grundsätze des Anscheinsbeweises auch bei Zustellungen mittels Einwurf-Einschreiben an. Das heißt: Gelangt ein Einwurf-Einschreiben in den Briefkasten eines Empfängers, gilt der Anschein des Zugangs zu "postüblichen Zeiten" an diesem Tag. Will der Emfpänger sich auf einen zeitlich späteren Zugang berufen, kann er dies - anders als wie bisher - nicht mehr nur behaupten, sondern er müsste jetzt konkret Umstände vortragen und nachweisen, welche eine verspätete Zustellung zumindest als möglich erscheinen lassen. Ansonsten sprechen bereits die Arbeitszeiten der Postboten der Deutschen Bundespost für die Zustellung zur "postüblichen Zustellzeit" (BAG, 20.6.2024, 2 AZR 213/23, ZAP 17/ 2024).
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